15. September 2023

Keine Amtshaftung bei unterlassener Verständigung des Opfers

Der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 20/23g vom 13.07.2023) liegt zugrunde, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten, dem vorgeworfen wurde, er hätte ihm zur Veranlagung anvertraute Geldbeträge veruntreut (§ 133 StGB), wegen dessen Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB eingestellt hat. Im Rahmen der durchgeführten Hausdurchsuchung hatte die Staatsanwaltschaft zwar auch Unterlagen zu Veranlagungen des Klägers gefunden und der Beschuldigte hat entsprechende Veranlagungen des Klägers auch bestätigt; der Kläger wurde aber dann nicht von der Einstellung benachrichtigt. Nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens hat der Kläger dem Beschuldigten weitere Geldbeträge zur Veranlagung übergeben.

Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs war der Kläger zwar Opfer im Sinn der StPO und hatte ein Recht auf Information, die mangelnde Verständigung des Klägers von der Einstellung des Ermittlungsverfahrens (§ 194 StPO) führt aber nicht zu einer Amtshaftung für jene Beträge, die er nach Verfahrenseinstellung dem Beschuldigten übergeben hatte. Denn die Verständigung soll dem Opfer die Möglichkeit geben, die Fortführung des Ermittlungsverfahrens zu beantragen. Sie schützt damit die verfahrensrechtliche Stellung einer Person als Opfer einer bereits verwirklichten Straftat, nicht aber schützt sie das Opfer davor, dass ihm durch künftige Straftaten des Beschuldigten ein weiterer Vermögensschaden entsteht.